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Ungewöhnliche Ereignisse erkennen mit künstlicher Intelligenz

Anomalie-Erkennung (engl. anomaly detection) ist ein Verfahren, das mithilfe künstlicher Intelligenz bereits geringfügige Veränderungen an einem Gerät oder einer Anlage feststellen kann. Dies ermöglicht frühzeitig zu erkennen, wenn sich in absehbarer Zeit ein Schaden anbahnt. Dadurch ist es möglich ungeplante Stillstände zu vermeiden und noch rechtzeitig eine Wartung einzuplanen.

Weiters ist es möglich, Verschleißteile erst dann zu tauschen, wenn sich ein Schaden auch wirklich abzeichnet. Vielfach ist es im Moment Usus solche Teile bereits viel früher zu wechseln, da keine Information über den tatsächlichen Zustand vorliegt. Ein wesentlicher finanzieller Vorteil entsteht dadurch, dass Arbeitszeit sowie Ersatzteile für unnötig frühe Wartungen eingespart werden können.

Außerdem ist es möglich, die Abstände zwischen Überprüfungen zu verlängern, da (genauere) Informationen vorliegen. Das ermöglicht Arbeitszeit von Mitarbeitern zu sparen.

Vorteile von künstlicher Intelligenz in der Praxis

Um möglichst praxisnahe Einblicke in die Anwendung des Verfahrens zu geben, hier ein Beispiel einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit einem Anwender aus der Industrie:

Der Anwender überwacht mit einem Vibrationssensor (gemäß DIN ISO 10816) eine Lüftungsanlage. Wenn die Vibrationen einen bestimmten Schwellwert übersteigen, muss eine Wartung durchgeführt werden.

Der Anwender überwacht seit Jahren die Daten eines Vibrationssensors und wertet diese aus. Sobald die Werte einen bestimmten Schwellwert überschreiten, wird er mittels E-Mail alarmiert. Nun war es aber so, dass der Anwender feststellte, dass der Sensor in einem bestimmten Zeitraum unplausibel niedrige Werte lieferte.

Als Grund dafür stellt sich schließlich ein Schaden am Sensor heraus. Da die Werte unterhalb des Schwellwerts lagen, wurde kein Alarm ausgelöst, weswegen der Fehler längere Zeit unerkannt blieb. Wäre in dieser Zeit eine Wartung nötig gewesen, wäre diese nicht durchgeführt worden und am Gerät wäre ein Schaden entstanden. Der Anwender trat daher an LineMetrics heran mit der Bitte um eine allgemeine Kontrolle der Daten und eine bessere Lösung.

LineMetrics entschied sich, ein System zur Anomalie-Erkennung zu implementieren. Dabei wurde anhand der Daten aus einigen Wochen ein neuronales Netz darauf trainiert, zu erkennen, wie die Werte des besprochenen Sensors typischerweise aussehen. Das bedeutet, typisches Level der Werte, wie verhalten sich die Werte, wenn die Anlage ausgeschalten ist, wie wenn sie eingeschalten ist, typisches Ein- und Ausschaltverhalten, Flankenhöhen, markante Muster, … – kurzum alles, was sich auch ein Mensch merken würde, der sich längere Zeit mit diesen Sensordaten beschäftigt.

Für neu einlaufende Daten wird nun überprüft, ob sie jenen Daten, die zum Trainieren verwendet wurden, ähnlich sind. Treten zu große Abweichungen auf, wird ein Alarm ausgelöst. Wie bereits vorher angemerkt: Stellen Sie sich vor, ein Mensch würde laufend die Daten kontrollieren. Alles, was einen erfahrenen Mitarbeiter an den Daten wundern würde, wundert auch ein System zur Anomalie-Erkennung.

LineMetrics Cloud - Fehlerhafte Daten

In diesem Diagramm sind die einlaufenden Messwerte des Sensors zu sehen, im unteren das Ergebnis der Analyse: Grün bedeutet, dass die Date in Ordnung sind, rot bedeutet möglicherweise fehlerhafte Daten.

Um die Leistungsfähigkeit des trainierten Systems zu validieren, wurden die Daten der letzten beiden Jahre dieses Sensors überprüft. Die erzielten Ergebnisse waren hervorragend. Es gelang sogar, zusätzlich zu dem bekannten Fehlerfall mehrere weitere, kurze Fehlerfälle, die dem Anwender selbst gar nicht bewusst waren, zu identifizieren. Der Anwender bestätigte die erzielten Resultate vollständig und nutzt seitdem das System zur Anomalie-Erkennung erfolgreich im Echtbetrieb.

Welche Messwerte sich besonders eignen

Grundsätzlich ist ein System zur Anomalie-Erkennung geeignet, viele unterschiedliche Messwerte zu überwachen. Hier sind einige Beispiele, für die es in der Praxis besonders nützlich ist, ein solches System zu betreiben:

  • Vibrationen: Wie bereits oben erwähnt, ist es praktisch, für Vibrationsmessungen eine Anomalie-Erkennung durchzuführen. Vibrationen entsprechen im Wesentlichen den Geräuschen, die ein Gerät verursacht, und sind dadurch ein sehr aussagekräftiges Maß für den Zustand.
  • Die Stromaufnahme, ganz besonders der Anlaufstrom (also jener Strom, den ein Elektromotor in den ersten Sekunden nach dem Einschalten verbraucht), kann ebenfalls wertvolle Informationen liefern
  • Temperatur: Lufttemperatur, Temperatur einzelner Komponenten/ Bauteile eines Geräts, Temperatur von Flüssigkeiten
  • Durchfluss von Gasen oder Flüssigkeiten durch Rohre

Oftmals können gerade dann nützliche Resultate erzielt werden, wenn mehrere, unterschiedliche Messwerte gleichzeitig überwacht werden. Verdächtige Situationen können manchmal nur in der gleichzeitigen Betrachtung unterschiedlicher Messwerte erkannt werden.

Wie Sie von künstlicher Intelligenz konkret profitieren können

Kann man die gewünschten Resultate nicht auch durch die Kontrolle mehrere Schwellwerte, von Steigungen, Mustererkennung mit statistischen Verfahren oder ähnlichen Konzepten erreichen? – Ja, das ist ein berechtigter Einwand. Doch der große Vorteil einer Anomalie-Erkennung ist, dass sich kein Mitarbeiter damit befassen muss, wie denn jetzt korrekte Daten überhaupt auszusehen haben. Das System kann fast vollständig automatisch eingerichtet werden.

Für den Anwender im beschriebenen Testfall ist es sehr wichtig, dass ein ungeplanter Stillstand des Geräts auf jeden Fall vermieden wird. Daher führen Mitarbeiter regelmäßig Überprüfungen durch. Da durch die Anomalie-Erkennung die gelieferten Sensordaten wesentlich verlässlicher geworden sind, können in Zukunft die Abstände zwischen den Überprüfungen deutlich vergrößert werden, was bedeutet, dass Arbeitszeit von Mitarbeitern und damit Kosten gespart werden können.

Der hier besprochene Anwendungsfall ist ein schönes Beispiel dafür, wie ein klassisches System, das aus langjähriger Erfahrung und großem Domänenwissen errichtet wurde und seit einigen Jahren in Verwendung ist, durch die Anwendung von künstlicher Intelligenz weiter verbessert werden konnte – ohne dabei substanziell in das System eingreifen zu müssen.

Anomalie-Erkennung vs. vorausschauende Instandhaltung

Abschließend noch zur Abgrenzung der Anomalie-Erkennung von einem anderen wichtigen Verfahren der angewandten KI, nämlich der vorausschauen Instandhaltung (engl. predictive maintenance).

Eine Anomalie-Erkennung stellt nur fest, dass es Veränderungen am Gerät gibt. Vorausschauende Instandhaltung schätzt aus ebendiesen Veränderungen wie lange es noch dauert, bis ein Verschleißteil versagt. Der Vorteil von vorausschauend Instandhaltung ist natürlich, dass eine aussagestärkere Information bereitgestellt wird. Nachteile hingegen sind, dass wesentlich mehr Trainingsdaten benötigt werden (typischerweise mehrere bis viele Lebenszyklen eines Verschleißteils), dass es aufwendig ist ein solches System geeignet einzurichten und dass immer nur der Zustand eines einzelnen Bauteiles überwacht werden kann.

Wie bereits im vorigen Absatz angedeutet, ist es ein enormer Vorteil der Anomalie-Erkennung – gegenüber vielen anderen KI Verfahren -, dass relativ wenige Trainingsdaten benötigt werden und dass diese nicht aufwendig aufbereitet werden müssen, bevor sie verwendet werden können.

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